MODERN TIMES.
Kunst der Indianischen Moderne und Postmoderne aus der Sammlung Peiper-Riegraf im Galerieverein Leonberg
Seit den 1980er Jahren hat Dorothee Peiper-Riegraf , 15 Jahre in Los Angeles und New York lebend sowie als Galeristin in Frankfurt/Main, eine repräsentative Kunstsammlung der späten indianischen Moderne mit Übergang zur Postmoderne aufgebaut. Werke aus der Sammlung Peiper-Riegraf befinden sich heute u.a. in New Yorker Kunstmuseen wie dem Whitney-, Brooklyn- und Metropolitan Museum, aber auch im Museum für Ethnologie Berlin und Museum der Weltkulturen Frankfurt. Die Werke der indianischen Moderne sind sowohl im ethnologischen wie im westlich kunsthistorischen Kontext von großer Bedeutung.
Eine Auswahl aus dieser Sammlung mit Werkgruppen der international anerkannten KünstlerInnen Rick Bartow (Wiyot), David Bradley (Chippewa), Bob Haozous (Apache), David Johns (Navajo), Jaune Quick-to-See Smith (Salish) und Emmi Whitehorse (Navajo) ist nun erstmalig in dieser Verdichtung im Leonberger Galerieverein zu sehen. Die ausgewählten Werke repräsentieren die Vielfalt künstlerischer Positionen, Stile und individualisierte Referenzen an das kollektive, traditionelle Kulturerbe der KünstlerInnen. Es wird sichtbar, dass sich mit diesem Kunstschaffen aus den einst traditionell indigenen Kulturen Nordamerikas kunsthistorisch der Kreis zur europäischen und amerikanischen Moderne schließt.
In Deutschland wurde 1985, früher als in den USA, mit der Ausstellung und dem im Prestel Verlag erschienenen Buch von Prof. G. Hoffmann „Indianische Kunst im 20. Jahrhundert“ der interdisziplinäre und kunsthistorische Diskurs begonnen.
Aus prähistorischen Funden weiß man, dass die nordamerikanischen Indianer eine weit zurück reichende malerische Tradition besitzen. Seit den 1960er Jahren nehmen jedoch infolge individualisierter Lebens- und Denkformen die Einflüsse westlicher Kunstströmungen auf die Malerei und Plastik indianischer KünstlerInnen zu. Dabei verbinden sie selbstbewusst ihre indianische und westliche Erfahrungswelt mit modernen Ausdrucksformen sowie postmodernen Strategien und gelangen zu inhaltlich und ästhetisch eigenständigen Lösungen.
Exemplarisch für das breite Spektrum solch hybrider Ausdrucksformen kann der Tamarind-Druck MODERN TIMES von Jaune Quick-to-See Smith hervorgehoben werden. Vor einer schwarzweiß geteilten Fläche symbolischer Kulturtrennung und -mischung erscheint die Silhouette eines indianischen Rechtsanwalts mit Aktenkoffer kombiniert mit einem Obstkisten-Etikett. Letzteres repräsentiert die von Indianern als rassistisch angeprangerte Vermarktung von Produkten mittels stereotyper Maskottchen-Indianer. Dabei entsteht die Figur eines Mischwesens aus modernem Rechtsanwalt und traditionellem Indianer mit Federschmuck. Die Künstlerin schreibt dazu, dass sie ständig in Albuquerque und anderen Flughäfen Indianer-Rechtsanwälte in klassischen Anzügen mit Aktenkoffer trifft. Ihr eigener Indianerstamm mit 6000 Angehörigen beschäftige 50 Rechtsanwälte, die sich bemühen, das Land der Ureinwohner, deren Fischrechte und Spielhallen-Konzessionen zu schützen.
Mit subtiler Ironie bezieht sie „HI YU Apples“ auf den westlich angepassten Indianer, der außen rot ist und innen weiß. Die konsequente Überlagerung von Indianer und Werbelabel zielt auf das überlebte Klischee des federgeschmückten Indianers und auf die kolonial gebrochene Tradition und Autonomie. Die Stärke dieser Kunst besteht in der Verknüpfung sozialer Kommentare zur Wirklichkeit mit einer zeitgemäßen, eigenständigen künstlerischen Form, die nicht hinter den berühmten Vorbildern wie bspw. Robert Rauschenberg zurück steht.
Abb. S. Jaune Quick-to-See Smith. MODERN TIMES, 1993, Lithographie
Abb. S. Bob Haozous, Madonna (Beth), 1997, Stahl, Holz Glas
Abb. S. David Bradley. American Indian Gothic, 1994, Acryl auf Leinwand
Abb. S. Emmi Whitehorse, Planting Field, 1993, Mischtechnik auf Papier
Web Site zur Sammlung: www.peiper-riegraf-collection.com
MODERN TIMES
Kunst der Indianischen Moderne und Postmoderne aus der Sammlung Peiper-Riegraf - 26. Juni bis 7. August 2011
Galerieverein Leonberg e.V.
Zwerchstraße 27, 71229 Leonberg
info@galerieverein-leonberg.de - www.leonberg.de
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